Glücklich werden oder glücklich sein?

Glücklich zu sein ist eines der wichtigsten Dinge im Leben – würde ich mal behaupten. Die meisten Menschen werden mir wohl zustimmen. Tatsächlich stufen etwa 70 % der Menschen Glücklichsein als wichtig ein, was mir eigentlich sehr wenig vorkommt. Was genau Glück ist, kann man jedoch nicht einheitlich definieren. Jeder hat seine eigene Vorstellung davon. Und viele Menschen sehen sich selbst zwar als glücklich an, möchten aber gerne noch glücklicher werden.

Würdest Du dich als glücklich bezeichnen? Oder bist Du noch auf der Suche nach dem Glück? Die Antwort auf diese Fragen ist wichtiger, als man vielleicht denkt. Denn die Suche nach dem Glück könnte letztendlich unglücklich machen. Ein (schon länger bekannter) Grund dafür ist, dass Menschen, die nach Glück streben, nicht nur ihre glücklichen Gedanken aktiver wahrnehmen, sondern auch unglückliche. So fällt ihnen deutlicher auf, wenn sie unglücklich sind, wodurch sie sich im Gegenzug unglücklicher fühlen.

Aekyoung Kim von der Rutgers University (USA) und Sam J. Maglio (University of Toronto Scarborough, Canada) untersuchten nun, wie man während der Suche nach dem Glück die Zeit wahrnimmt. Auch ihre Ergebnisse zeigen, dass man lieber nicht aktiv nach Glück streben sollte. Denn die Suche nimmt Zeit in Anspruch, echte oder gefühlte. Beispielsweise, so die beiden Autoren, mache ein Abendessen mit Freunden möglicherweise glücklich, dauere aber mindestens eine Stunde. In dieser Zeit könne man keiner anderen Aktivität wie Sport nachgehen. Die ständige Suche nach dem Glück gebe den Menschen daher den Eindruck nicht genug Zeit zu haben.

Der Effekt wird noch verstärkt, wenn die gesteckten Ziele zu hoch oder gar unerreichbar sind. Denn dann müssen wir immer weiter Zeit investieren, die am Ende aber nicht zum Glück führt. Und das Gefühl, zu wenig Zeit zu haben, macht uns unglücklicher. Wir bekommen den entgegengesetzten Effekt als eigentlich erwünscht.

Anders ist es, wenn wir unsere Ziele tatsächlich erreichen – plötzlich kommt uns die Zeit nicht mehr so furchtbar knapp vor. Was lernen wir daraus? Kleine Ziele setzen und glücklich mit dem sein, was man hat und was man schaffen kann. Das ist nicht unbedingt etwas neues, aber man kann es sich nicht oft genug ins Gedächtnis rufen.

Noch ein kleiner Ausflug zu der Frage, wie Glück eigentlich funktioniert. Diese Frage ist so spannend und wichtig, dass es darüber viele Bücher gibt und viel daran geforscht wird. In München gibt es zum Beispiel ein ganzes Institut für Glücksforschung. Auf ihrer Website erklären sie, was dahinter steckt. Es würde hier zu weit führen, tiefer in das Thema einzutauchen. Nur so viel:

Mindestens 7 eng vernetzte und kommunizierende Gehirnregionen arbeiten zusammen, um uns Glück zu vermitteln, und ich schmeiße kurz die Namen in den Raum:
Ventral tegmentales Areal (VTA), Amygdala (Mandelkerne), Nucleus Accumbens, orbitofrontaler Kortex, anterior zingulärer Kortex, Precuneus, Hypothalamus.

Wer diese Auflistung nicht übresprungen hat, hat vielleicht meine Lieblingsregion bemerkt: Ja, die Amygdala ist mit von der Partie. Alles, was mit Gefühlen zu tun hat, kommt an ihr nicht vorbei. Mindestens genauso wichtig ist die VTA: Sie ist der Ursprungsort des Glücks-, Belohnungs- und Lustsystems und die Signale laufen hier wieder zusammen, nachdem sie andere Regionen durchlaufen haben. Aber letztendlich müssen alle Regionen richtig verknüpft sein und zum richtigen Zeitpunkt aktiviert werden, damit wir uns glücklich fühlen. Außerdem kommt es auf die Art des Glückes an: Lachen wir lauthals vor Freude sind andere Regionen gefragt als bei tiefen, aber stillschweigendem Glück.